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Bürgergeld-Erhöhung fiel durch Kaufkraftverlust sogar noch zu niedrig aus

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Die Erhöhung des Bürgergeldes ist in die Kritik geraten. Doch trotz der Erhöhung können Kaufkraftverluste nicht ausgeglichen werden.

Frankfurt – In den vergangenen Monaten geriete das Bürgergeld immer wieder in die Kritik. Angeblich seien die Erhöhungen von Anfang 2023 und Anfang 2024 um jeweils etwa zwölf Prozent zu hoch. Insgesamt haben Bürgergeld-Empfänger so 25 Prozent mehr Geld zur Verfügung.

Da die Inflation zuletzt aber stark zurückging, bemängelten Kritiker, der Bürgergeldsatz sei bei der letzten Erhöhung überproportional gestiegen, da man bei der Festlegung von einer ganz anderen Inflationsrate für Januar 2024 ausgegangen sei. Tatsächlich war die Erhöhung der Sozialhilfe diesmal auch rechnerisch viel höher, als es die gestiegenen Preise erfordert hätten.

Die Erhöhung des Bürgergelds fällt laut den Experten sogar noch zu niedrig aus.
Die Erhöhung des Bürgergelds fällt laut den Experten sogar noch zu niedrig aus. © IMAGO/Michael Gstettenbauer

Trotz der beiden deutlichen Erhöhungen des Bürgergelds konnten sie den Kaufkraftverlust, den Menschen in der Grundsicherung erlitten haben, nicht ausgleichen. Dies zeigen Berechnungen der Ökonomin Irene Becker, die dem Spiegel vorliegen. Sie wurde vom Paritätischen Gesamtverband beauftragt, der sie am Freitag Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zukommen ließ. In einem Begleitschreiben fordert der Verband eine Verbesserung der Leistungen in der Grundsicherung.

Bürgergeldempfänger haben zu wenig Geld zur Verfügung

Laut diesen Berechnungen hat ein erwerbsloser Single in den letzten drei Jahren insgesamt 1012 Euro weniger erhalten, als es zur Sicherung des Existenzminimums nötig gewesen wäre. Für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern beläuft sich das Minus sogar auf 3444 Euro. Bis zum Ende dieses Jahres werden sich diese Defizite aufgrund der derzeit hohen Bürgergeldsätze zwar verringern, aber immer noch bei voraussichtlich 867 Euro (Single) bzw. 2941 Euro (Familie) liegen.

Im zweiten Halbjahr 2020 senkte die damalige Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz, was zu einem statistischen Rückgang des Preisniveaus führte, der für Menschen in der Grundsicherung besonders stark war. Genau zu Beginn des Jahres 2021 begannen jedoch die Preise zu steigen, und das mit zunehmender Geschwindigkeit.

Im Jahr 2020 wurde auch der Sozialhilfesatz für das Folgejahr 2021 von den amtlichen Statistikern von Grund auf neu berechnet, wie es alle fünf Jahre geschieht. In den Zwischenjahren wird dieser Sozialhilfesatz dann nach einer Formel angepasst, die zu einem kleineren Teil die allgemeine Lohnentwicklung und zu einem größeren Teil die Inflation berücksichtigt.

Das Problem dabei ist jedoch, dass die Zeiträume, die dort berücksichtigt werden, schon lange zurückliegen, konkret bis zu 18 Monate. Im Ergebnis wurde also der Sozialhilfesatz für das Jahr 2022 maßgeblich durch die niedrigen Preise im zweiten Halbjahr 2020 bestimmt. Nur weil auch die Lohnentwicklung mit einfloss, kam es überhaupt zu einer Erhöhung um ganze drei Euro oder 0,76 Prozent. Die Inflationsrate für Menschen in der Grundsicherung lag aber bereits zu Beginn 2022 bei gut vier Prozent und am Ende bei knapp 16 Prozent.

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